Vom 8. bis 12. November 2023 fand die neunte Ausgabe des Greenmotions Filmfestivals im Kommunalen Kino im Alten Wiehrebahnhof in Freiburg statt. Bei insgesamt gut 20 Vorführungen fanden nach 14 davon Diskussionen à 30 bis 60 Minuten statt. Neben vielen inspirierenden Filmen gab es einen motivierenden Workshop, zwei Podiumdiskussionen und ein leckeres Foodsharing-Buffett. Insgesamt konnten wir 866 Besucher*innen über die fünf Festivaltage willkommen heißen. Wir danken allen Freiwilligen, Kooperationspartner*innen, Sponsor*innen und allen, die dazu beigetragen haben, dieses wunderbare Festival möglich zu machen!

Mit der neunten Ausgabe des Festivals setzten wir einen Fokus auf das Sonderthema „Klimagerechtigkeit: Perspektiven und Lösungen aus dem Globalen Süden“. Die Filme des Sonderthema kamen aus der ganzen Welt und handelten von unterschiedlichen Themen. Die Frage der Klimagerechtigkeit kam bei jeder Diskussion auf. Insbesondere wurde viel darüber diskutiert, wessen Stimme in der Klimadebatte hörbar bzw. ignoriert wird. Auch die Legitimität von Regisseur*innen, über das Leben und die Kämpfe anderer Menschen zu berichten, wurde hinterfragt und vertieft diskutiert. Die Filme die gezeigt wurden waren: “Chao Carbón” von Zeta Fernández und Ladislao Palma, “Powerlands” von Ivey-Camille Manybeads Tso, “I am More Dangerous Dead” von Majiye Uchibeke, “Threatened Tapajos” von Thomaz Pedro, “Stepping Softly on the Earth” von Marcos Colon, “Mapping Survival” von Nacho Corbella und “Desert Phosphate” von Mohamed Sleiman Labat. 

Schon vor dem Festival hatte eine Jury aus Mehves Öztürk (Fotografin und Aktivistin), Juan Andres Zegers (Stadtplaner und Architekt mit Fokus auf Nachhaltigkeit) und Matthias Erbacher (Produzent) entschieden, den diesjährigen Preis für den besten Film in der Kategorie Sonderthema an den Film “Threatened Tapajos” zu vergeben

Die Resonanz nach den Filmen war überragend positiv. Viele Menschen teilten uns ihre Emotionen mit und fühlten sich besonders angeregt, sich mit Klima- und Gerechtigkeitsthemen vertieft auseinanderzusetzen und in irgendeiner Form zu engagieren.


In einem interaktiven Workshop mit über 35 Teilnehmende wurde koloniale Kontinuität in Filmen hinterfragt und analysiert. Der Workshop wurde von internationalen Studierenden der Universität organisiert. Es wurden Wege aufgezeigt, wie Gerechtigkeit und Augenhöhe (z.B. zw. Filmenden und gefilmten Personen) ausgewertet/ bemessen werden können. 







14 Filme konkurrierten um den Publikumspreis. Der Film „Duty of Care“ eröffnete diese Filmkategorie am Mittwochabend. Er diskutiert die Rolle von Gerichtsverfahren im Kampf für Klimagerechtigkeit und wurde gefolgt von einer Podiumsdiskussion mit drei Expert*innen im Bereich des juristischen Streits für Klimagerechtigkeit: Sarah Tak (Produzentin von “Duty of Care”, Anwältin und Koordinatorin der Klimaatzaak (Belgien), Noah Walker-Crawford (wissenschaftlicher Mitarbeiter am Grantham Research Institute der London School of Economics) und Franziska Valdés Cifuentes (Juristin und Doktorandin an der Universität Marburg zum Thema Umfang, Grenzen und Bindungswirkung des völkerrechtlichen 1,5-Grad-Ziels im deutschen Verfassungsrecht). Sie sprachen über die Bedeutung – und die Herausforderung – von Rechtsfällen, die auf Fakten beruhen. Sie wiesen auch darauf hin, wie wichtig es ist, dass es den Wissenschaftlern gelingt, die wissenschaftlichen Erkenntnisse so zu vermitteln, dass die Anwält*innen damit arbeiten können. Wie unsere Diskussionsteilnehmer*innen erklärten, können Gerichtsverfahren jedoch langwierig und teuer sein. Selbst wenn Prozesse gewonnen werden, haben einige erlebt, dass die Regierungen nichts ändern, was in demokratischen Staaten ein besorgniserregendes Zeichen ist.  Noah Walker-Crawford wies außerdem darauf hin, dass diese Fälle nur innerhalb des bestehenden Rechtsrahmens stattfinden können, was nicht unbedingt der Realität und den Beweggründen entspricht, aus denen manche Menschen aus dem Globalen Süden, insbesondere aus indigenen Gemeinschaften, vor Gericht gehen. Die Herausforderungen bleiben also bestehen, aber wir waren dennoch sehr froh, als wir ein paar Wochen später erfuhren, dass das Team von Sarah Tak den belgischen Fall gewonnen hatte.

Am Freitagnachmittag fand eine weitere Podiumsdiskussion mit (politisch) Aktiven des Agrarsektors zum Thema Pestizide statt. Diese Diskussion wurde im Anschluss an die Vorführung der beiden Filme „Pesticides: the European Hypocrisy“ von Stenka Quillet und „Into The Weeds“ von Jennifer Baichwal organisiert. Moderiert wurde sie von Luciano Ibarra von der Freiburger GartenCoop. Als Diskutanten waren Rodrigo da Silva von den Grünen und Wolfgang Hees vom Freiburger Ernährungsrat dabei. In dem Gespräch, in das auch die Zuschauer*innen sehr aktiv eingebunden waren, wurden die ökologischen Probleme übermäßigen Pestizideinsatzes ebenso beleuchtet wie die politischen Schwierigkeiten bei der Regulierung und globale Ungerechtigkeiten, die verstärkt werden, indem europäische Konzerne hierzulande verbotene Pestizide in den Globalen Süden exportieren und dadurch kleinbäuerliche Strukturen vor Ort gefährden.

Darüber hinaus wurden in den zahlreichen Filmen, die während des fünftägigen Festivals gezeigt wurden, viele weitere Nachhaltigkeits- und Umweltthemen angesprochen. Von der Milch- und Modeindustrie mit „Milked“, „Fashion Reimagined“ und „Slay“ über die Abholzung der Wälder auf den Philippinen oder die Wiederbewaldungsprogramme in Dänemark mit „Delikado“ und „Organized Wilderness“ bis hin zu verschiedenen Landwirtschaftsmodellen und Herausforderungen mit „The Last Seed“ konnten wir viele Facetten dessen erkunden, was Nachhaltigkeit bedeutet – und was sie nicht bedeutet. 

Einige Highlights waren die Vorführungen von „Outgrow the System“ und „Hirten – Hüter der Erde„, die zahlreiche Zuschauer ins Kino lockten, so dass wir für „Hirten – Hüter der Erde“ sogar die Galerie öffnen konnten. Im Anschluss an „Outgrow the System“ gab es spannende Diskussionen über die verschiedenen Möglichkeiten, unser derzeitiges Wirtschaftssystem einer nachhaltigen Transformation zu unterziehen. Außerdem freuten wir uns in diesem Jahr über die Zusammenarbeit mit dem Centre Culturel Francais bei der Vorführung des Films „Crossing Voices“, der die Geschichte einer landwirtschaftlichen Kooperative in Mali sowie die jahrzehntelangen Kämpfe von Migranten in Frankreich erzählt. Als letzten Film aus dem Publikumspreis zeigten wir den Film “FINITE”, der zwei aktivistische Kämpfe gegen Umweltzerstörung für fossile Großprojekte im Hambacher Forst (Deutschland) und County Durham (England). Die überragend positiven Bewertungen der Zuschauer*innen brachten “FINITE” gemeinsam mit “Fashion Reimagined” den Publikumspreis ein.








Den Auftakt am Samstag bildete ein Programmpunkt, den wir dieses Jahr zum ersten Mal angeboten haben: Speziell für unsere kleinen Gäste ab fünf Jahren haben wir fünf Kurzfilme zu verschiedenen Umweltthemen zusammengestellt. Den Preis für den besten Kurzfilm vergaben die jungen Gäste – wie auch beim Publikumspreis – durch ihre Bewertungen selbst. Auf Basis der Bewertungen aus beiden Vorführungen am Samstag und Sonntag konnte der Film “What’s up with the sky?” zum Gewinner gekürt werden. 



Der letzte Festivaltag am Sonntag begann wie jedes Jahr mit einem gemütlichen Zusammenkommen zu einem Buffet aus geretteten Lebensmitteln und endete mit dem beliebten internationalen Kurzfilmwettbewerb und einer anschließenden Preisverleihung. 

Die aus Nina Baermann (Editorin), Jaume Gil I Llopart (SUNCINE, Drehbuchautor), Bernward Janzig (freier Journalist) und Sigrid Faltin (Filmemacherin) bestehende Kurzfilmjury führte durch den Abend und ehrte “The Invention of Less”, einen Animationsfilm über eine Eisbärin, die vor dem Klimawandel nach Zürich flieht, als besten Kurzfilm. Im Anschluss stießen wir mit Wein von Andreas Dilger auf das gelungene Festivalwochenende an und ließen den Abend mit Livemusik von vier der insgesamt sieben Mitglieder der Band LaTocata ausklingen.